Erasmus+: Grüner, inklusiver, digitaler, internationaler?

Erste Erkenntnisse der neuen Fördermodule für Mobilität
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Text: Agnes Schulze-von Laszewski/NA DAAD

Für die laufende Programmgeneration 2021–2027 hat die Europäische Kommission 4 Bereiche in den Fokus gestellt: Inklusion und Vielfalt, Umwelt und Bekämpfung des Klimawandels, digitaler Wandel sowie die Festigung demokratischer Teilhabe. Diese Schwerpunkte spiegeln die allgemeinen politischen Prioritäten der Kommission wider, die für die aktuelle EU-Legislaturperiode von 2021 bis 2024 gesetzt wurden. Aus diesem Grund wurden in der Erasmus+ Leitaktion 1 «Mobilität von Einzelpersonen» Zusatzförderungen für inklusivere und nachhaltigere Mobilität geschaffen sowie neue Formate zur verstärkten Digitalisierung des Programms vorangetrieben. Hinzu kommt die weltweite Öffnung der Outgoing-Mobilität. 

Neue Fördermodule in Kürze

  • Aufstockungsbeträge für Teilnehmende mit geringeren Chancen: 250 Euro pro Monat und erweiterte Zielgruppen 
  • Blended Intensive Programme (BIPs) und individuelle Kurzzeitmobilitäten mit digitaler Vor- und Nachbereitung als Blended-Mobilität
  • Zuschuss für nachhaltiges Reisen (in Deutschland ab dem Aufruf 2025 ersetzt durch erhöhte Reisekostenpauschale)
  • «Internationale Öffnung» der Programmlinie KA131: Bis zu 20 Prozent des bewilligten Budgets können für die Förderung von ausreisenden Mobilitäten in nicht mit dem Programm assoziierte Drittländer genutzt werden
  • Unterstützung von Incoming-Mobilitäten aus der Ukraine als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg 

Hochschulen sind offen für Veränderungen

Inzwischen liegen erste Erkenntnisse zur Implementierung dieser neuen Instrumente für den deutschen Hochschulbereich vor; im Herbst 2023 endete mit dem Aufruf 2021 der erste Förderzyklus der neuen Programmgeneration, der vom 1. September 2021 bis 31. Oktober 2023 lief. Detaillierte Statistiken dazu finden sich im aktuellen Erasmus+ Wirkungsbericht 2023 der NA DAAD

Die Inklusionsmaßnahmen greifen

Den Aufstockungsbetrag für Teilnehmende mit geringeren Chancen erhielten im ersten Aufruf der aktuellen Förderperiode insgesamt 2.655 Studierende (8,6 Prozent der 30.866 unterstützten Studierenden). Im vorangegangenen Zyklus lag dieser Anteil noch deutlich unter 1 Prozent. 

Diese erhebliche Steigerung ist zurückzuführen auf höhere Aufstockungsbeträge, die Ausweitung auf Studierende mit chronischen Erkrankungen und optional weitere Zielgruppen (erwerbstätige Studierende und Studierende aus einem nicht akademischen Elternhaus) sowie eine intensive Bewerbung der Möglichkeiten durch die NA DAAD. Für die Erasmus-Koordination bringt die Förderung der sozialen Teilhabe eine intensive Befassung mit der Studierendenstruktur und einen intensiven Austausch mit anderen strategisch wichtigen Einrichtungen ihrer Hochschule mit sich, so zum Beispiel auch Studierendenvertretungen.

Mobilität als hybrides Format

Von insgesamt 36.830 unterstützten Studierenden und Hochschulmitarbeitenden absolvierten 8,7 Prozent einen Blended-Aufenthalt. 76 Prozent dieser Aufenthalte fanden im Zuge der neu geschaffenen BIPs statt (2.436). Von deutschen Hochschulen wurden im Förderzeitraum September 2021 bis Oktober 2023 174 BIPs koordiniert, was unter Berücksichtigung des nicht unerheblichen Abstimmungsbedarfs mit Fachbereichsvertretern ein sehr erfreulicher Auftakt ist. 

Grünes Reisen wird angenommen

11.346 (30,8 Prozent) aller Erasmus-Ausreisenden aus Deutschland nutzten bereits nachhaltige Verkehrsmittel. 40,2 Prozent dieser grünen Mobilitäten (4.560) reisten in Länder, die nicht direkt an Deutschland grenzen. Damit profitieren besonders Geförderte deutscher Hochschulen von der zentralen Lage in Europa, zudem belegt diese hohe Zahl den Stellenwert der Nachhaltigkeit bei gleichzeitiger physischer Mobilität. Auch bemerkenswert: Die Quote der deutschen BIP-Teilnehmenden lag mit 48,9 Prozent weit über dem Durchschnitt.

Internationale Öffnung der Programmlinie «Mobilität von Einzelpersonen»

Durch die internationale Öffnung der Programmlinie «Mobilität von Einzelpersonen» wurden bereits 1.429 Auslandsaufenthalte in Partnerländern ermöglicht, was 3,9 Prozent der gesamten über diese Aktion realisierten Mobilitäten aus Deutschland entspricht. Die beliebtesten Zielländer waren hier das Vereinigte Königreich (494 Mobilitäten), die Schweiz (214) sowie die USA (111). Die Option wurde also zumindest zunächst überwiegend genutzt, um die Effekte des Brexits abzufedern.

Solidarität mit der Ukraine im Hochschulbereich

Aus der Ukraine wurden 1.036 Incoming-Mobilitäten unterstützt, neben 950 Studierenden 86 Hochschulangehörige. Die aktivsten aufnehmenden Hochschulen in Deutschland waren die Universität Bielefeld (136 Mobilitäten), die Hochschule Bielefeld (62) sowie die Hochschule Esslingen (61).

Erfolgreicher Start und spannende Perspektiven

Die Neuerungen fanden großen Zuspruch, und sie wirken, das lässt sich definitiv feststellen. Deutsche Hochschulen haben bereits in den ersten Projekten einen großartigen Start in diese Programmgeneration verwirklicht, obwohl dieser Förderzeitraum beeinflusst war vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und von der Coronapandemie. 

Von den insgesamt 36.830 geförderten Studierenden und Lehrenden beziehungsweise Verwaltungsmitarbeitenden profitierten 18.902, das heißt mehr als 50 Prozent, von den neuen Maßnahmen: Es gab für 2.655 Teilnehmende mit geringeren Chancen zusätzliche Mittel, 11.346 Zuschüsse für grünes Reisen, 2.436 Mobilitäten im Rahmen von Blended Intensive Programmes, 1.429 Outgoing-Mobilitäten in Partnerländer und 1.036 Incoming-Mobilitäten aus der Ukraine.

Darüber hinaus haben die neuen Module den Austausch zwischen verschiedenen Hochschuleinrichtungen, beispielsweise International Offices, Studierendenvertretungen und Fachbereichen, zu den wichtigen Themen «Inklusion und Vielfalt», «Nachhaltigkeit» sowie «Digitalisierung der Lehrangebote» initiiert und intensiviert. Erasmus kann zweifellos als ein wichtiger Knotenpunkt in den Institutionen und als ein Motor für Austausch und Veränderung betrachtet werden.

Kontakt:
Agnes Schulze-von Laszewski
EU02 - Mobilität von Einzelpersonen
Agnes Schulze-von Laszewski/NA DAAD