Immer wieder Frankreich

Henriett Wilkes prägender Kontakt mit Erasmus+ begann in der Provence
Lesezeit: 3 min

Text: Henriett Wilke

Frankophil war ich bereits vor meinem Studienaufenthalt an der Université Paul Cézanne Aix-Marseille III. Ausschlaggebend hierfür waren die französische Hip-Hop-Kultur, mit der ich in den 1990er-Jahre aufwuchs. Das in anspruchsvolle Texte gegossene Lebensgefühl, das Favoriten wie IAM oder Keny Arkana transportierten, übte eine wahnsinnige Anziehungskraft auf mich aus. Das Jahr in Marseille und Aix-en-Provence verstärkten meine Vorliebe für Frankreich, seine Bewohner und seine Kultur aber noch. Daran hat sich bis heute nichts geändert, ganz im Gegenteil.

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Henriett Wilke ging 2008 im Rahmen ihres Studiums an der HU Berlin mit Erasmus nach Aix-Marseille III, weitere Aufenthalte – 2011 als Fremdsprachenassistentin auf La Réunion und 2016 in der Normandie – folgten. Aktuell ist sie Grundschullehrerin, Konrektorin, Erasmus+ Koordinatorin und steht vor ihrer nächsten Entsendung im Rahmen des Elysée-Prim-Programms nach Brest.

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Henriett Wilke ging mit Erasmus an die Universität Paul Cézanne Aix-Marseille III, die 2011 mit den anderen beiden Universitäten in Aix und Marseille zur Universität Aix-Marseille zusammengefasst wurde.

Der tiefgreifende Impact von Auslandsaufenthalten

Das Erasmus-Jahr in Aix-Marseille 2008 sowie die 2 Fremdsprachenassistenzaufenthalte auf La Réunion 2011 und in der Normandie 2016 waren Formen der Selbst- und Welterfahrung, die meinen Geist sehr elastisch werden ließen und Raum für kreative, teils unkonventionelle Denkansätze eröffneten. Erst der Vergleich des Settings «Lernen und Lehren im Ausland» ermöglichte mir bildungssystemische Vor- und Nachteile zu erkennen, die wiederum zu einer sensibilisierten Wahrnehmung der Gegebenheiten führten. 

Meinem Handeln wohnt mittlerweile eine Leichtigkeit inne, die sich aus den zwischenmenschlichen als auch den interkulturellen Austauschen speist. Es erlaubt mir, vermeintliche Problemlagen im privaten oder beruflichen Umfeld zu relativieren und dergestalt meine Resilienz zu fundieren. Es lohnt sich, neugierig aufgeweckt nach vorn zu gehen, systemimmanente Strukturen zu erkennen und zu nutzen, um sich am Ende positiv gestaltend darin zu bewegen. 

Bedeutung verschiedener Kompetenzen zur Gestaltung von Veränderungen bei Bewerberinnen und Bewerbern um Führungspositionen

Anteil der Unternehmen in Prozent, denen die jeweilige Kompetenz besonders wichtig ist. Basis: Unternehmen, die Akademiker beschäftigen oder dies planen. 
Frage: «Wie wichtig ist es Ihrem Unternehmen in der Regel, dass die Bewerberinnen und Bewerber für eine Führungsposition über die folgenden Kompetenzen verfügen?»

Quelle: Die Bedeutung von Auslandserfahrungen […], NA DAAD 2020, S. 14 

Die Auswirkungen auf das Berufsleben

Das Gelingen eines beruflichen Werdegangs steht und fällt meiner Meinung nach stets mit der Persönlichkeit, die wiederum auf den Erfahrungen des individuellen Lebenswegs fußt. Ehrlich an meinem Gegenüber interessiert zu sein und zuzuhören, egal wie alt, woher und mit welchen Beweggründen, sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen, über den Tellerrand schauen, anpacken und mitdenken, respektvolle Umgangsformen mit einem Lächeln garnieren, Einsatzwillen, Disziplin, Dankbarkeit, Demut und Kollektivität sind nur einige Aspekte, die für mich als handelnder Mensch absolut grundlegend sind und keiner Nationalität bedürfen. 

Diese kosmopolitische Einstellung eröffnete mir 2019 die Möglichkeit, vom Gymnasium an die Grundschule als Sportlehrerin zu wechseln, was in Sachsen über das Schulamt erfolgte. Meine Neugier siegte, schließlich kam ich aus dem Leistungssport und somit an meine jetzige Schule. Dort traf ich auf eine engagierte Rektorin, die gleich im ersten Jahr eine Erasmus+ Mitstreiterin suchte und sie natürlich in mir fand. 

Durch die gemeinsame Projektentwicklung, den erfolgreichen Zuschlag und verbunden mit der Tatsache, dass die Konrektorin in Rente ging, stieg ich innerhalb eines Schuljahres zur stellvertretenden Schulleiterin auf. Das war nie meine Intention gewesen, doch mit Blick auf die oben genannten Aspekte haben sich dank der Auslandsaufenthalte offensichtlich Führungsqualitäten in bestimmten Bereichen herauskristallisiert, denen ich mir so nicht bewusst war, die aber in einem ganz klaren Zusammenhang zu meiner Zeit in Frankreich stehen.   

Henriett Wilke war mit Erasmus+ u.a. 2008/2009 in Frankreich.