Gruppe junger Menschen die etwas am Computer anschauen
© Christian Hüller/NA DAAD

Von Ursachen und Wirkungen

Persönliche Betrachtungen zu Erasmus+
Lesezeit: 4 min

Die Frage nach der Wirkung ist ein zentraler Aspekt aller Erasmus+ Projekte. In diesem Beitrag
präsentieren wir 7 teils sehr unterschiedliche Perspektiven auf diese Thematik. Unter anderem wird deutlich, welche mittel- und unmittelbaren Folgen für Lebens- und Karriereentwürfe die
mit dem Bildungsprogramm realisierten Studienaufenthalte hatten. Es gibt aber ebenfalls allgemeine An- und Einsichten zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Relevanz von Erasmus+.

Ein paar grundsätzliche Feststellungen

Erasmus+ wirkt! So lassen sich kurz und knapp die zahlreichen Studien zusammenfassen, die über die Jahre von unterschiedlichen Institutionen, nicht zuletzt der Europäischen Kommission und der NA DAAD, in Auftrag gegeben oder selbst durchgeführt worden sind. Das gilt für alle Leitaktionen: Einzelmobilitäten, Partnerschaften und Kooperationsprojekte sowie die Politikunterstützung.

Von den Projekten im Hochschulbereich profitieren Studierende, aber ebenso Lehrende und Forschende, Verwaltungspersonal und Hochschulen als Institutionen, einzeln oder im Verbund. Auch Unternehmen und ihre Angestellten, weitere Organisationen wie Forschungseinrichtungen und kommunale Verbände sowie die breite Öffentlichkeit können und sollen Nutzen aus Erasmus+ ziehen.

Die Auswirkungen sind dabei vielgestaltig, wie sich am Beispiel von Studierenden zeigt. In einer vom European Student Network (ESN) 2013 durchgeführten Umfrage werden beispielsweise die positiven Effekte eines Erasmus-Aufenthalts auf die europäische Identität von Studierenden belegt. In der im Frühjahr 2024 veröffentlichten Studie Campus International 2022 wird indes gezeigt, dass ein studienbezogener Auslandsaufenthalt zum Beispiel die allgemeine und die multikulturelle Selbstwirksamkeit sowie die individuelle Adaptationsfähigkeit erhöht – und damit die Beschäftigungsfähigkeit.

7 persönliche Betrachtungen

Im Folgenden sollen einige dieser Ergebnisse anhand persönlicher Darstellungen veranschaulicht werden. Wir haben aus diesem Grund 3 Alumnae und 2 Alumni gebeten, über ihre Erasmus-Zeit zu schreiben und zu erläutern, welche Bedeutung der Aufenthalt für ihr Berufsleben hat. Ergänzend dazu haben wir auch 2 Außenperspektiven zur Bedeutung von Erasmus+ eingeholt.

Merkmale internationaler Tätigkeit von Erasmus+ Absolventinnen und Absolventen

 Angaben in Prozent der Befragten

Quelle: Die Bedeutung von Auslandserfahrungen für den Karriereerfolg […], NA DAAD 2020, S. 54 

Anna von Röpenack

Für Anna von Röpenack, International Coordinator an einer privaten Hochschule in Köln, war ihr Studienaufenthalt im englischen Birmingham ein in vieler Hinsicht bis heute anhaltendes Erlebnis. Sie kann aufgrund ihrer Erfahrungen Studierende besser beraten und Ratschläge geben, wie man die Zeit zur besten seines Lebens macht und sagt: «Ohne meinen Erasmus+ Auslandsaufenthalt würde ich den Job, den ich heute mache, nicht ausüben».

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© Anna von Röpenack

Henriett Wilke

Henriett Wilke ist Konrektorin an einer Grundschule im sächsischen Plauen und Erasmus+ Koordinatorin. Im Rahmen ihres Studiums war sie unter anderem mit Erasmus in Frankreich. Zusammen mit den beiden Fremdsprachenassistenzaufenthalten auf La Réunion und in der Normandie eröffneten sich ihr durch das Jahr in Aix-Marseilles, so schreibt sie, «Formen der Selbst- und Welterfahrung und es kristallisierten sich Führungsqualitäten in bestimmten Bereichen heraus, die damit in einem ganz klaren Zusammenhang stehen».

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Dr. Moritz Botts

Dr. Moritz Botts ist DAAD-Langzeitdozent an der Türkisch-Deutschen Universität in Istanbul. Im Rahmen seines Studiums war er mit Erasmus in polnischen Poznan. Heute ermuntert er als Erasmus-Beauftragter der BWL-Abteilung der TDU Studierende, die Chancen, die das Bildungsprogramm bietet, selbst wahrzunehmen und den Schritt ins Ausland zu wagen – und das möglichst früh. Die Erfahrungen, die dabei gemacht werden, so schreibt er, sind wichtig für Studium und Berufsleben.

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Nicole Broer

Nicole Broer, Europakoordinatorin an einem Berufskolleg in Paderborn, betont die positiven Auswirkungen ihrer während des Studiums realisierten Erasmus-Aufenthalte – ein Studiensemester in Nottingham und ein Praxissemester in Paris – auf ihre Entwicklung. Dank Erasmus konnte sie aber darüber hinaus, wie sie ausführt, «beruflich einiges bewegen […] Ohne diese Erfahrungen würde ich heute wahrscheinlich nicht mit einem so großen Engagement Erasmus+ Projekte koordinieren – weil ich weiß, dass es sich lohnt».

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Gilles Roux

Ein weiterer Alumnus ist Gilles Roux, der als Unternehmensberater tätig ist. Er kam Ende der 1980er-Jahre mit Erasmus ursprünglich für 2 Studiensemester von der Provence nach Baden-Württemberg – und ist dann geblieben. Für ihn war «Erasmus […] das bedeutendste Ereignis meines beruflichen Lebens. […] Als Südfranzose aus einer Familie der Mittelschicht hätte ich auch kaum die Karriere gehabt, die ich heute habe, wenn ich nicht an Erasmus teilgenommen hätte». Zudem hat das Programm ihn «für eine andere Kultur geöffnet».

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© Patrick Tiedke

Michael Stuber

Etwa zur gleichen Zeit wie Gilles Roux kam auch Michael Stuber mit Erasmus in Berührung. Ende der 1980er-Jahre baute er den Erasmus-Austausch an der Universität Karlsruhe mit auf. Stuber berät Unternehmen und Organisationen zum Thema «Diversität». Er unterstreicht die Möglichkeiten, die das Programm für Generationen von Studierenden eröffnet habe, beispielsweise für «die persönliche Weiterentwicklung in einem interkulturellen Kontext».

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© A. Viering

Professor Dr. Axel Plünnecke

Professor Dr. Axel Plünnecke vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln betrachtet die Bedeutung eines Auslandsaufenthalts für die Chancen von Absolventinnen und Absolventen auf dem Arbeitsmarkt. Ein solcher kann, so erläutert Plünnecke, «zu zusätzlichen beruflichen Optionen führen», da «die Kompetenzen, die Studenten im Ausland erwerben», zum Beispiel die Fähigkeit, «Kontakte mit Personen mit anderem kulturellen Hintergrund konstruktiv zu gestalten», «in einer durch Veränderungsdruck und Unwägbarkeit geprägten Arbeitswelt gefragter denn je» seien.

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© Institut der deutschen Wirtschaft
Marcus Klein